Marktüberblick in Deutschland

Sowohl in der Bau- als auch in der Immobilienbranche waren weiterhin die Mehrfachbelastungen durch die Coronakrise, den Ukraine-Krieg, die Zinswende und Lieferkettenschwierigkeiten marktbestimmend. Diese führten im Baubereich unter anderem zu Preisverwerfungen, die wiederum verschiedene Auswirkungen nach sich zogen. So zeigte sich, dass Bauunternehmer über vorgeschaltete Partnering-Verträge immer früher in den Planungsprozess einsteigen, um mehr Planungssicherheit hinsichtlich der Kosten zu bekommen. Das klassische Modell der Durchführung einer Ausschreibungsplanung und der anschließenden Abgabe an einen Generalunternehmer oder Bauunternehmer wird stark zurückgedrängt. Ebenso zeigt sich, dass sich Pauschalpreise weniger stark durchsetzen lassen, wodurch Verträge nun unterschiedliche Vergütungsbenutzungsmodelle beinhalten.

Auch im gewerblichen Mietrecht wurde im Zuge der Coronakrise viel nachgehandelt, insbesondere nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs Anfang 2022, welches befand, dass Mieten für Gewerberäumlichkeiten bei einer staatlich angeordneten Schließung weiter gezahlt werden müssen, der Mieter aber Anspruch auf eine einzelfallabhängige Anpassung hat.

Als Trendthema sowohl im Bau- als auch Immobiliensektor gilt weiterhin ESG (Environmental, Social, Governance). Unter anderem wird bereits beim Bauen zunehmend darauf geachtet, nachhaltige Baustoffe zu verwenden, während sich bei der anschließenden Vermietung der Objekte zeigt, dass Mieter immer höhere Anforderungen an Aspekte wie die Energieeffizienz stellen. Gebäude, die modernsten ESG-Anforderungen entsprechen, sind folglich attraktiver für Investoren und werden über alle Assetklassen hinweg entsprechend höher gehandelt. Aufgrund der zunehmenden Investition in ESG-konforme Objekte wird eine mittelfristige Preiskorrektur nicht-ESG-konformer Objekte vermutet.

Daneben stehen Immobilien aus dem Gesundheitsbereich, wie unter anderem Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, sowie Spezialimmobilien, wie beispielsweise Rechenzentren, hoch im Kurs. Der Bereich Logistik, der sich insbesondere in der Pandemie besonderer Beliebtheit erfreute, läuft weiterhin stark. Allerdings wird von einigen Marktteilnehmern angenommen, dass in näherer Zukunft etwas mehr Ruhe in den Bereich der Logistikimmobilien einkehren wird. Die Hotellerie erholte sich nach dem Corona-Lockdown-Schock gut, sodass sich Transaktionen hier wieder auf einem hohen Niveau einpendelten. Ein gemischtes Bild ergibt sich bei der Assetklasse Büro: Während Premiumlagen weiter stark nachgefragt werden und eine hohe Wertbeständigkeit aufweisen, stehen Büroimmobilien in B-, C- und Randlagen aufgrund der durch die Covid-19-Pandemie zugenommenen Homeoffice-Tätigkeit und des Anstiegs vom hybriden Arbeiten zunehmend unter Druck. Nach wie vor schwierig ist die Lage um Retail-Immobilien, insbesondere aus dem klassischen Einzelhandel, die bereits vor der Coronakrise für einige Insolvenzen sorgten und es mit einer zunehmenden Verschiebung in Richtung Online-Einkäufe weiter schwer haben dürften.

Bei Immobilientransaktionen war allgemein zu beobachten, dass das Frühjahr 2022 wegen steigender Zinsen und Unsicherheiten sehr viel ruhiger war als die Zeit davor. Ab Sommer 2022 gab es allerdings wieder überdurchschnittlich viele Transaktionen zu verzeichnen. Der Grund dafür war, dass institutionelle Anleger nach den vergangenen Boom-Jahren zwar auf viel Kapital saßen, das angelegt werden musste, sie aber zugleich auf Preiskorrekturen warten konnten. Bei auf Fremdkapital angewiesenen Unternehmen zeigt sich, dass Finanzierungen jetzt länger dauern, da Banken zurückhaltender sind. Auch bei der Art der Transaktionen lässt sich eine Verschiebung feststellen: Der Trend zu komplexeren Strukturen, wie Share Deals und Joint Venture-Strukturen, hält an, während beispielsweise Asset Deals abnahmen.